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Wir können die Klimaerwärmung stoppen, mit den richtigen Massnahmen

09. Oktober 2018

Es mag Zufall sein, dass gestern, am 8. Oktober 2018, gleich mehrere Nachrichten auf die globale Klimaerwärmung und den dringenden Handlungsbedarf zur Vermeidung des Klimakollapses aufmerksam machten.

  1. Ein neuer Bericht des Weltklimarats (IPCC) zeigt auf, dass die globale Erwärmung auf 1,5 Grad beschränkt werden muss, um eine gravierende Beeinträchtigung des Klimas zu vermeiden. Dazu bedarf es, nicht überraschend, grosse Anstrengungen. Bis im Jahr 2030 sollen die vom Menschen verursachten CO2-Emmissionen um 45 Prozent gegenüber dem Stand von 2010 reduziert werden, bis im Jahr 2045 soll die Belastung neutralisiert, d.h. also auf null zurückgefahren werden.
  2. Die Internationale Energie Agentur (IEA) stellt der Schweizer Energiepolitik zwar ein gutes Zeugnis aus, kritisiert jedoch die Untätigkeit im Verkehrsbereich. Insbesondere werde zu wenig unternommen, um den CO2-Verbrauch des Verkehrs zu reduzieren und die Elektromobilität zu fördern.
  3. Mit William D. Nordhaus wird einem Ökonomen der Wirtschaftsnobelpreis verliehen, bei dessen Arbeiten die wirtschaftlichen Auswirkungen der Erderwärmung und politische Handlungsalternativen zur Eindämmung des Klimawandels im Zentrum stehen. Nordhaus befürwortet z.B. eine globale CO2-Abgabe und legt die Vorteile von preisgestützten Massnahmen gegen die Klimaerwärmung dar.

Die Berichte des IPCC und der IEA sowie die Arbeiten von Nordhaus warnen vor den schädlichen Folgen des Klimawandels. Sie senden jedoch auch die Botschaft aus, dass es noch nicht zu spät ist, zu handeln. Wir müssen nur alle gemeinsam endlich handeln wollen.

Die Wirtschaft soll wissenschaftliche Erkenntnisse anerkennen und steuerliche Massnahmen gegen die Klimaerwärmung unterstützen

Zum einen ist die Wirtschaft in der Pflicht. Zwar haben z.B. die Zentralschweizer Handelskammer das neue Energiegesetz des Kantons Luzern mitgetragen. Das ist ein positives Zeichen und ein erster Schritt zur Förderung erneuerbarer Energie. Mit der Energiestrategie 2050 und deren Umsetzung in den Kantonen ist es jedoch noch lange nicht getan. Für die Abwendung des Klimakollapses sind weitaus wirksamere und stark lenkende Massnahmen notwendig, wie z.B. eine CO2-Abgabe auf dem Verkehr. Die externen Kosten des motorisierten Strassenverkehrs betragen in der Schweiz über 6 Milliarden Franken, hauptsächlich Umwelt- und Gesundheitskosten. Diese Kosten werden heute von den Verursachern nicht bezahlt und gehen zu Lasten der Allgemeinheit. Eine umfassende CO2-Abgabe auch auf fossilen Treibstoffen müsste deshalb zuoberst auf der politischen Agende aller liberalen Kräfte stehen.

Oft hat man jedoch den Eindruck, marktwirtschaftliche Konzepte und ökonomische Erkenntnisse sind den Wirtschaftsverbänden gerade so lange recht, wie sie den politischen Ambitionen ihrer Verbandsspitzen in den Kram passen. Sobald aber z.B. im Bereich der Umweltverschmutzung die Abgeltung von externen Effekten und Kostenwahrheit gefordert wird, schalten sie ihre Ohren auf taub. Umweltabgaben und Ökosteuern würden der Wirtschaft schaden, heisst es dann. Und ausserdem würde man ja freiwillig schon sehr viel tun. Oft werden diese Argumente ergänzt mit dem Hinweis, dass ökologische Steuern nur international koordiniert Sinn machen würden. Das ist zwar richtig. Glaubwürdig ist die Aussage aus ihrem Munde jedoch nicht, wenn man bedenkt, dass sich die Schweizer Wirtschaftsverbände meines Wissens noch nie ernsthaft für eine internationale Steuerharmonisierung eingesetzt, geschweige denn eine internationale CO2-Abgabe aktiv vorangetrieben haben. Die freiwilligen Leistungen vieler Unternehmen sind zweifellos zu anerkennen. Leider reichen sie nicht, um den Klimakollaps zu verhindern. Es braucht die Einsicht, die Bereitschaft und der Wille der Wirtschaft, sich endlich für wirksame ökonomische Massnahmen einzusetzen, die eine Verhaltensänderung zu Gunsten des Klimaschutzes bewirken. Denn die Technologie und wirtschaftspolitischen Instrumente dazu sind längst vorhanden und anerkannt.

Aufgrund unserer Verantwortung für die Umwelt und die zukünftigen Generationen müssen wir Ökosteuern und Lenkungsabgaben befürworten

Aber auch wir Konsumenten und Stimmbürger sind gefordert. Wir müssen uns von einem Konsumverhalten verabschieden, welches tiefe Preise und immer mehr Güter über das Wohlergehen der Mitmenschen und der Natur stellt. Unsere Verantwortung für die Umwelt, für die Gesundheit unserer Mitbürger und das Leben von zukünftigen Generationen fordert von uns, dass wir unsere externen Umwelt- und Gesundheitskosten tragen und die Umweltbelastung massiv reduzieren. Wir müssen deshalb dazu bereit sein, umweltschädliches Verhalten deutlich stärker zu besteuern und zu reduzieren. Oft kommt zwar der Einwand, solche Massnahmen hätten unerwünschte Verteilungswirkungen, indem sie Menschen mit tiefen Einkommen übermässig stark belasten. Diesem Argument ist entgegenzuhalten, dass die negativen Auswirkungen des Konsums auf die Umwelt mit dem Einkommen steigen, da Personen mit hohen Einkommen mehr konsumieren und ihre Konsum- und Mobilitätsgewohnheiten die Umwelt stärker belasten, z.B. mit teureren, grösseren und verbrauchsintensiveren Autos. Ökologische Steuern belasten deshalb vor allem die hohen Einkommen. Ausserdem lassen sich ökologische Steuern sozial ausgestalten, indem der Ertrag an die Bürgerinnen und Bürger zurückbezahlt werden, z.B. mit Hilfe eines pauschalen Abzugs bei den Krankenkassenprämien. Davon profitieren Personen mit tiefen und mittlerem Einkommen sowie Familien. Härtefälle können zudem mit gezielten Unterstützungsmassnahmen abgefedert werden.

Steuerliche Massnahmen gegen die Klimaerwärmung leisten einen Beitrag zur Lösung kantonaler Finanzprobleme

Auf politischer Ebene sind die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen leider nach wie vor viel zu zögerlich. So fehlt eine dringend notwendige Lenkungsabgabe auch auf fossile Treibstoffe und eine konsequente Umsetzung der CO2-Ziele bei Neuwagen. Im Dornröschenschlaf befinden sich auch die Kantone. Dabei bietet gerade der Schweizer Föderalismus mit den ausgedehnten politischen Kompetenzen der Kantone und Gemeinden Chancen für eine aktivere Klimapolitik auf lokaler und regionaler Ebene. Abgesehen von der Anpassung der Gesetzgebung an die Energiestrategie 2050 geschieht jedoch in den meisten Kantonen wenig. Ökologische Steuern stossen bei Regierung und bürgerlicher Parlamentsmehrheit regelmässig auf schroffe Ablehnung, auch im Kanton Luzern. Das ist jedoch nicht zuletzt deshalb erstaunlich, weil die Kantone und Gemeinden aufgrund der demografischen Entwicklung vor enormen finanziellen Herausforderungen im Gesundheits- und Sozialbereich stehen. Bereits heute vielerorts schon ausgepresst, können die kantonalen und kommunalen Haushalte die zukünftig massiv höheren Kosten nicht ohne neue Finanzierungsinstrumente bewältigen. Wir Grünliberalen fordern deshalb im Kanton Luzern seit Jahren neue ökologische Steuern auf kantonaler Ebene. Die Verleihung des Nobelpreises an William D. Nordhaus bestärken uns in diesen Forderungen. Die geplante Steuergesetzrevision im Kanton Luzern würde eine gute Gelegenheit dafür bieten, auf regionaler Ebene einen weiteren, entscheidenden Beitrag für das Erreichen des 1,5 Grad Zieles zu tun, ganz nach dem Motto «Global denken, lokal handeln».

Grünliberale Forderungen im Kanton Luzern

Wir haben deshalb im Rahmen der Vernehmlassung zur kantonalen Steuergesetzrevision 2020 vom Regierungsrat verlangt, dass er folgende Massnahmen in die Vorlage aufnimmt:

  • Reduktion des Pendlerabzugs auf CHF 4'000 (Höhe eines zweite Klasse Generalabonnements): Es soll ein zusätzlicher Anreiz geschaffen werden, mit dem öffentlichen Verkehr oder mit dem Velo zur Arbeit zu fahren.
  • Ökologisierung und Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer: Mit einer gemäss CO2-Verbrauch abgestuften und deutlich höheren Motorfahrzeugsteuer soll die Kostenwahrheit im Verkehr hergestellt sowie die CO2-Belastung und somit die Gesundheitskosten reduziert werden. Eine ökologischere Motorfahrzeugsteuer würde nicht nur der Bevölkerung und den Staatsfinanzen dienen, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der umweltfreundlichen Elektromobilität erhöhen.
  • Lenkungsabgabe auf dem Verbrauch von aus nicht-erneuerbaren Energiequellen hergestelltem Strom: Mit der Lenkungsabgabe sollen zusätzliche Massnahmen zur Förderung erneuerbarer Energie und der Energieeffizienz finanziert werden. Die Luzerner Stimmbevölkerung hat das neue Energiegesetz deutlich angenommen. Es geht nun darum, zusätzliche Mittel für seine Umsetzung bereitzustellen. Eine Abgabe auf nicht-erneuerbarer Energie würde dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
  • Bodenverbrauchssteuer: Durch die Besteuerung von überbautem Bauland mit einer proportionalen Steuer pro m2 Grundstückfläche soll die Zersiedelung eingedämmt werden. Ausserdem können die durch die Abschaffung der Liegenschaftssteuer entstandenen Steuerausfälle ökologisch sinnvoll kompensiert werden.

Nicht zuletzt dank der Volksinitiative «Energiezukunft Luzern» der Grünliberalen hat der Kanton Luzern im Juni 2018 ein neues, fortschrittliches Energiegesetz angenommen, welches die Förderung erneuerbarer Energie ins Zentrum setzt. Des Weiteren haben die Grünliberalen ein Verkehrskonzept für die Agglomeration Luzern entwickelt, welches den ÖV, das Velo und alternative Verkehrssysteme fördert und den motorisierten Individualverkehr reduziert (http://www.lu.grunliberale.ch/themen/mobilitaet/verkehrskonzept.html). Auch diese Massnahmen tragen zur Reduktion der CO2-Emmissionen bei.

Die wissenschaftlichen Grundlagen, die Instrumente und die Technologie für wirksame Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels sind seit Jahren vorhanden. Die hohe und breite Zustimmung für die Energiestrategie 2050 und das neue Luzerner Energiegesetz stimmen mich zuversichtlich. Was bis heute jedoch fehlt ist der breite politische Wille, weitergehende Massnahmen zu ergreifen. Ich hoffe deshalb, dass aufgrund der neuen Berichte des Weltklimarats, der Energieagentur und des diesjährigen Wirtschaftsnobelpreises auch von einer Mehrheit der Bevölkerung, der Wirtschaftsverbände und den anderen Parteien endlich Unterstützung für weitergehende Massnahmen gegen den Klimawandel kommt.