Skip to main content

Der Verlust an Lebensräumen erhöht die Wahrscheinlichkeit von Zoonosen wie Covid-19

20. September 2020

Die Pest, Ebola, Malaria, das Denguefieber, Borreliose, AIDS, SARS, MERS und auch Covid-19; alle diese Infektionskrankheiten haben eine Gemeinsamkeit: Es handelt sich bei all diesen Krankheiten um so genannte Zoonosen. Eine Zoonose ist eine Infektionskrankheit, welche von Tieren auf den Menschen hinübergesprungen ist. In der Fachwelt spricht man auch von einem «Spillover». Die Weltgesundheitsorganisation WHO listet über 200 Zoonosen auf. Über 60 Prozent der zur Zeit bekannten Infektionskrankheiten des Menschen sind Zoonosen. Fast alle zoonotischen Krankheiten resultieren aus einer Infektion mit sechs verschiedenen Krankheitserregern: Viren, Bakterien, Pilze, Protisten, Prionen und Würmer.

Zoonosen weisen oft einen sogenannten Reservoirwirt auf, das heisst ein Tier, welches über einen längeren Zeitraum hinweg infiziert ist, ohne Krankheitserscheinungen aufzuweisen. Über einen Zwischenwirt gelangt das Virus dann auf den Menschen. Beim SARS-Virus sind Fledermäuse die Reservoirwirte, das Virus wurde über die Zibetkatze auf den Menschen übertragen. Wie das Coronavirus genau auf den Menschen übertragen wurde und wo es seinen Ursprung hat ist zur Zeit noch nicht abschliessend bekannt. Vermutlich ist es auf einem Wildtiermarkt in Wuhan erstmals auf Menschen übertragen worden. Wahrscheinlich sind ebenfalls Fledermäuse die Reservoirwirte für das Coronavirus. Beim Zwischenwirt könnte es sich um ein Schuppentier, das Pangolin, handeln. China hat deshalb den Handel und den Verzehr von landlebenden Wildtieren wie der Zibetkatze oder dem Pangolin verboten.

Zoonosen haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Zoonosen, welche von Wildtieren ausgehen, sind gemäss wissenschaftlichen Untersuchungen mittlerweile die signifikanteste von übertragbaren Infektionskrankheiten ausgehende Gefahr. Dafür verantwortlich ist nicht zuletzt der Mensch, welcher die Lebensräume von Wildtieren immer weiter zurückdrängt. Die Tiere müssen sich in die verbleibenden Regionen zurückziehen. Die dadurch entstehende Verdichtung und Reduktion der Artenvielfalt erhöht das Risiko von Krankheitsübertragungen. Das Abholzen und Erschliessen von Wäldern führt auch dazu, dass Menschen immer näher an den Wildtieren leben, weshalb die Wahrscheinlichkeit von Übertragungen steigt. Intensiv genutzte und zurückgedrängte Lebensräume von Wildtieren, wie z.B. die Regenwälder, sind deshalb Brutstätten für Krankheitserreger.

Ohne Gegenmassnahmen müssen wir damit rechnen, dass die Wahrscheinlichkeit von Zoonosen und Pandemien weiter steigt. Der Erhalt von Lebensräumen mit einer reichhaltigen, diversifizierten Population von Wildtieren und die Reduktion von menschlichen Aktivitäten in diesen Regionen kann das Risiko von Zoonosen reduzieren. Mit einem Postulat der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats wird deshalb der Bundesrat beauftragt, zu prüfen, mit welchen Massnahmen die Schweiz im Rahmen der Strategie der Internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 einen stärkeren Beitrag zur Eindämmung von Zoonosen und zur Bekämpfung ihrer Ursachen leisten kann (20.3469). Wir erleben es zur Zeit täglich, welche gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Folgen ein einziger Spillover wie das Coronavirus auslösen kann. Jede verhinderte Zoonose könnte somit Tausende von Leben sowie wirtschaftliche und soziale Not verhindern.

Es liegt auf der Hand, dass die Erforschung und Überwachung von Infektionskrankheiten verstärkt werden muss. Verstärkt werden muss jedoch auch das Bewusstsein, dass unsere Gesundheit, der Erhalt der Lebensräume und der Schutz des Klimas zusammenhängen.